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„Selbstsorge“, die „Hermeneutik des Subjekts“ und die „Regierung des Selbst und der Anderen“ führen eine Konzeption der Ethik als Beziehung des Selbst zu sich selbst als moralischer Instanz ein, die ihrerseits das Produkt einer das Selbst formierenden Aktivität, von Foucault als „Subjektivierung“ bezeichnet, ist. Später wurde der Begriff von französischen Psychoanalytikern übernommen. „Selbstsorge“ wird in diesem Kontext als Transformation des Selbst in eine fruchtbare Existenz verstanden. Gaston Bachelards (1985 [1938]) „Die Psychoanalyse des Feuers“ ist eine poetische Untersuchung der verschiedenen primären Komplexe, die sich um die Mythologie des Feuers ranken und auf Traum, Reverie, Tagtraum und poetischer Einbildungskraft (Imagination) beruhen. Das „Nicht-Ich“ des Träumers unterhält hier einen reverie- ähnlichen inneren Dialog mit dem „Ich“ des Träumers. Hemmung und Zensur weichen der Reverie. Jean-Paul Sartre (1993 [1943]) postuliert in „Das Sein und das Nichts“, dass das Subjekt nicht durch eine Struktur definiert wird, sondern durch ein fundamentales Existenzprojekt: das Projekt tritt an die Stelle des Komplexes. Vor allem französische Philosophen erkannten in Freuds Formulierung der psychoanalytischen Metapsychologie des Unbewussten eine neue, radikale Auffassung des Subjekts: Das Konzept des dynamischen Unbewussten geht einher mit dem Verständnis eines menschlichen Subjekts, das weit größer ist als Bewusstsein (es enthält Bewusstsein, ist aber nicht darauf beschränkt) und de-zentrierte kreative Kräfte in sich konzentriert. Gleichwohl werden gemeinsame Ziele auf unterschiedliche Weise verfolgt: Der intensive Dialog zwischen Philosophie und Psychoanalyse ist nicht allein durch Komplizenschaft und Bewunderung charakterisiert, sondern auch durch Rivalität und Konkurrenz. Ein derart facettenreicher und vielschichtiger Dialog findet Widerhall in sämtlichen Regionen und psychoanalytischen Kulturen und in zahlreichen psychoanalytischen Orientierungen. Wie er sich gestaltet, hängt häufig von Fragen ab, die mit der Übersetzbarkeit von Begriff und Bedeutung zusammenhängen. II. B. Ursprüngliche Terminologie Freuds und die Übersetzbarkeit: Ein Blick aus Nordamerika und Europa Unter mannigfaltigen Perspektiven (Gammelgaard, 2003; Kelen, 1990; Kernberg, 1982; Laplanche und Pontalis, 1973; Kohut, 1971; Winnicott, 1960; Grinberg 1966) hat man festgestellt, dass die Einführung und die Weiterentwicklungen des Selbstkonzepts in der Psychoanalyse auf die konzeptuelle Entwicklung und die terminologische Komplexität und Mehrdeutigkeit des „Ich“ zurückgehen. Während es in der Philosophie und Psychiatrie seit langem üblich war, das deutsche “Ich” mit “Ego” zu übersetzen (Meynert 1885; Solms 2019), haben einige psychoanalytische Autoren an der Nützlichkeit dieser Praxis, die von Strachey und dem Glossary Committee (James und Alix Strachey, Anna Freud, Ernest Jones und Joan Riviere) für die Standard Edition übernommen worden war, mit Blick auf die
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